Verkehrsrecht

BVerwG bestätigt EuGH-Anforderung für Nutzungsuntersagung von ausländischer EU-Fahrerlaubnis

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am 25.02.2010, dass es deutschen Fahrerlaubnisbehörden gestattet ist, dem Inhaber eines ausländischen EU-Führerscheins dessen Gebrauch im Bundesgebiet zu untersagen, sofern der Inhaber nachweislich zum Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat hatte.

Den Klägern war in der BRD die Fahrerlaubnis wegen Verkehrsverstößen entzogen worden und die Neuerteilung unter die Auflage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung gestellt. Dieser kamen die Kläger auch nach erneuter Aufforderung nicht nach. Vielmehr ließen sie sich eine polnische Fahrerlaubnis ohne weitere Anforderungen ausstellen, deren Anerkennung die deutschen Behörden ablehnten. Das gerichtliche Vorgehen der Kläger hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg – nunmehr wird das Verfahren an das Berufungsgericht, das die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung auf das Argument des Scheinwohnsitzes stützt, unter Hinweis auf die EU-Rechtsprechung zurückverwiesen.

Der EuGH hat bereits mehrfach über ähnlich gelagerte Fälle entschieden – letztlich im Beschluss vom 09.07.2009. Somit müssen für eine Nutzungsuntersagung so genannte „unbestreitbare Informationen“ vorliegen, die jedoch nur auf zweierlei Weise erlangt werden dürfen: entweder über die Angaben im Führerscheindokument oder über Informationsrecherchen beim Ausstellermitgliedsstaat. Die Informationsgewinnung durch Recherchen bei Vermietern, Arbeitgebern etc. wird damit ausgeschlossen.

Der EuGH führt dazu wörtlich aus,


„dass der Aufnahmemitgliedstaat […] die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nur dann ablehnen kann, wenn er über unbestreitbare Informationen verfügt, die vom Ausstellermitgliedstaat stammen und die beweisen, dass der Führerscheininhaber seinen ordentlichen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis durch diesen Mitgliedstaat nicht in dessen Gebiet hatte. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung steht einer auf irgendeine andere Information gestützten Ablehnung entgegen.“

Insoweit stellt der EuGH des Weiteren klar,


„dass nichts dagegen spricht, dass der Aufnahmemitgliedstaat dem Ausstellermitgliedstaat im Rahmen des in Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 91/439 vorgesehenen Verfahrens des Informationsaustauschs Informationen übermittelt.“

Eine Nutzungsuntersagung ist nach Auffassung des EuGH möglich, wenn
sich aufgrund eigener Angaben des Betroffenen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht herausstellt, dass die Anforderungen an die Wohnsitzvoraussetzungen des Ausstellermitgliedsstaates nicht eingehalten worden sind
oder
der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten „unbestreitbare Informationen“ ergeben, die beweisen, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung durch den Ausstellermitgliedsstaat seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in dessen Hoheitsgebiet hatte – d.h. sein Lebensmittelpunkt nicht für mindestens 185 Tage in dem Ausstellermitgliedsstaat lag.

Ist der Nachweis für einen Scheinwohnsitz mittels der durch den EuGH bewilligten Methoden nicht zu führen, muss die ausländische EU-Fahrerlaubnis anerkannt werden.

Im hiesigen bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahren ist eine Nachfrage bei den polnischen Behörden noch nicht erfolgt, sodass eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung derzeit nicht möglich ist. Insoweit bleibt die erneute Entscheidung des Berufungsgerichts abzuwarten.

Die Pressemitteilung Nr. 12/2010 des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.02.2010,  sowie die Entscheidungen Az: 3 C 15.09 und 16.09, können Sie nachlesen unter <link http: www.bundesverwaltungsgericht.de>www.bundesverwaltungsgericht.de.

Den Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 09.07.2009, Az: C 455/08 können sie nachlesen unter <link http: curia.europa.eu>

curia.europa.eu

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Vergleiche zum Thema auch die Rechtsprechung des OVG Koblenz mit Beschluss vom 09.12.2009, Az: 10 B 11127/09.