Wirtschaftsstrafrecht

Anspruch aus betrieblicher Übung bleibt erhalten

 

Risiko bei Sonderzahlungen

Die Gewährung von Sonderzahlungen (zum Beispiel Weihnachts- oder Urlaubsgeld)  an die Arbeitnehmerschaft barg schon von jeher ein gewisses Risiko für den Arbeitgeber: Hatte dieser mehrfach und ohne ausdrücklichen Hinweis auf die Freiwilligkeit Leistung den Arbeitnehmern Sonderzahlungen gewährt, erwuchs hieraus unter bestimmten Voraussetzungen ein auch für die Zukunft geltender Rechtsanspruch jedes Arbeitnehmers. Gegen den ausdrücklichen Willen des Arbeitnehmers kam er hiervon nicht mehr los.

Hingegen erachtete es die bisherige Rechtsprechung des BAG als möglich, den Anspruch auf zukünftige Sonderzahlungen durch eine sogenannte „gegenläufige betriebliche Übung“ wieder untergehen zu lassen. Hierin war regelmäßig zu verstehen, dass der Arbeitgeber die Leistung der Sonderzahlung ab einem gewissen Zeitpunkt mit dem ausdrücklichen Hinweis versah, diese sei freiwillig und begründe keinen Rechtsanspruch für die Zukunft. Hatte ein Arbeitnehmer dies in drei aufeinander folgenden Jahren widerspruchslos hingenommen, konnte sich der Arbeitgeber auf diesem Wege seiner Pflichten aus der betrieblichen Übung entledigen.

Begründung und Beendigung der betrieblichen Übung waren dabei an ein konkludentes Verhalten bzw. das Schweigen des Arbeitnehmers gebunden.

Mit dieser Ansicht bricht das BAG nunmehr in seiner Entscheidung vom 18.03.2009 und gibt seine bisherige Rechtsprechung auf: Dem Schweigen auf ein günstiges Angebot kann das Schweigen auf ein verschlechterndes Angebot nicht gleichgestellt werden, so der Hinweis des BAG.

Aus Sicht des Arbeitgebers genügt es also für eine Einstellung der Sonderzahlungen nicht mehr, dass der Arbeitnehmer seinen neu erklärten Freiwilligkeitsvorbehalt dreimal widerspruchslos hinnimmt. Aus Sicht des Arbeitnehmers besteht diesbezüglich keine Gefahr mehr, dass er sich bei später erklärtem Freiwilligkeitsvorbehalt und Schweigen hierauf seiner Rechte begibt.

Die Jahre, in denen die Arbeitgeber ohne weitere Bemerkung die Arbeitnehmer mit Sonderzahlungen am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben lassen konnten und sich dennoch der Möglichkeit erhielten, hiervon durch veränderte Gewährung wieder loszukommen,  dürften also endgültig vorbei sein.  Allerdings steht diesen weiterhin die Möglichkeit offen, durch Vereinbarung eines ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt von Anfang an das Entstehen einer betrieblichen Übung zu verhindern. Darüber hinaus kann eine vereinbarte doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen geeignet sein, das Entstehen einer betrieblichen Übung zu verhindern.

Zugrunde liegende Entscheidung: BGH vom 18.03.2009, Aktenzeichen 10 AZR 289/08