Wirtschaftsstrafrecht

Die verspätete Krankmeldung eines Arbeitnehmers kann die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen

Der Arbeitnehmer muss bei einer derartigen vertraglichen Regelung die Erkrankung bereits am ersten Tag anzeigen und durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann bei erschwerenden Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Nach der neusten Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 19.01.2012, 10 Sa 593/11 kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer auch auf eine Abmahnung keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreicht.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der schwerbehinderte Kläger war seit Anfang 2010 bei der Beklagten als Dachdeckerhelfer beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag war die Regelung enthalten, dass dieser verpflichtet war, der Beklagten bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen entschuldbaren Verhinderung den Grund und die voraussichtliche Dauer seiner Verhinderung unverzüglich, jedoch spätestens bis zu Beginn der üblichen Arbeitszeit mitzuteilen und im Krankheitsfall ab dem ersten Krankheitstag durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes diese nachzuweisen. Nachdem der Kläger an Rückenschmerzen litt, teilte er dem Arbeitgeber mit, dass er einen Arzt aufsuchen wolle und erschien sodann am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit. Da er für diesen Tag keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht hatte, erteilte ihm die Beklagte am Folgetag eine Abmahnung, welche dem Kläger noch am selben Tage zugestellt wurde. Da der Kläger jedoch auch in den Folgetagen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichte, leitete die Beklagte das notwendige Zustimmungsverfahren für eine fristlose Kündigung bei dem zuständigen Integrationsamt aufgrund der bestehenden Schwerbehinderung ein. Erst hierauf reichte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Beklagten herein. Nachdem das Integrationsamt die Zustimmung erteilt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis dennoch fristlos.

Der Kläger hatte hiergegen Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht. Er war jedoch unterlegen und auch vor dem Landesarbeitsgericht hatte seine Berufung keinen Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung der Beklagten mit sofortiger Wirkung für wirksam erachtet. Da bei der Verletzung der Anzeigepflicht bei bestehender Arbeitsunfähigkeit und hinzutretender erschwerender Umstände nach entsprechender Abmahnung eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann (siehe BAG, Urteil vom 15.01.1986 – 7 AZR 128/83) war zu prüfen, ob der nunmehr vorliegende Sachverhalt erschwerende Umstände auswies. Da der Kläger seine Anzeige- und Nachweispflichten im Zusammenhang mit seiner Arbeitsunfähigkeit hartnäckig und uneinsichtig verletzt hatte, waren die notwendigen erschwerenden Umstände gegeben.

Die vertragliche Ausgestaltung der Anzeigepflicht verstieß auch nicht gegen die guten Sitten, denn der Kläger war insbesondere nicht verpflichtet, die Beklagte über die Krankheitsursache zu informieren. Die Verpflichtung, den „Grund“ mitzuteilen, bezog sich eindeutig ausschließlich auf die Mitteilung, ob eine Arbeitsunfähigkeit oder eine sonstige entschuldbare Verhinderung vorlag, damit nicht auf eine etwaige ärztliche Diagnose.

Aus dem Umstand, dass der Kläger trotz Abmahnung nicht unverzüglich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht hatte, sondern erst nach Einschaltung des Integrationsamtes, konnte die Beklagte nur den Schluss ziehen, dass dem Kläger die Abmahnung völlig gleichgültig war. Sie musste daher befürchten, dass ein gleichgelagertes Fehlverhalten schon in naher Zukunft erneut erfolgen würde. Einen derartigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses musste sie hinnehmen.

Quelle: LAG Rheinland-Pfalz 19.01.2012, 10 Sa 593/11