Wirtschaftsstrafrecht

Warnfunktion einer Abmahnung

Welche Voraussetzungen inhaltlicher Art sind an eine Abmahnung zu stellen, wenn diese auch kündigungsrechtlich erheblich sein soll? Anerkannt ist, dass formale Fehler bei Abmahnungen zwar zu deren Entfernung aus der Personalakte führen können, dass die Abmahnung dennoch Grundlage für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung wegen gleichen Fehlverhaltens sein kann, da der Abmahnung trotz der formalen Fehler die notwendige Warnfunktion innewohnt.

Anders liegt der Fall, wenn die Abmahnung inhaltlichen Anforderungen nicht genügt – in diesem Fall kann sie nicht Grundlage einer späteren Kündigung sein, da es an einer entsprechenden Warnfunktion fehlt.

Das BAG hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der klagende Arbeitnehmer als Fotograf bereits 2004 und 2005 wegen Störung eines Fernsehinterviews und unangemessener Äußerungen auf einem Empfang abgemahnt worden war. Das Arbeitsgericht verurteilte daraufhin den Arbeitgeber auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte, weil diese inhaltlich fehlerhaft waren. Zum einen habe die Abmahnung aus 2004 das vorgeworfene Verhalten nicht konkret genug bezeichnet, zum anderen habe die Abmahnung aus 2005 die verletzte Verhaltenspflicht ihrem Inhalt nach nicht ausreichend bezeichnet.

Ende des Jahres 2005 machte der Fotograf in seiner beruflichen Eigenschaft Bilder eines Unfalls und gab sich auch als Pressefotograf zu erkennen, jedoch verweigerte er auf Aufforderung der Polizei die Einsichtnahme in seinen Presseausweis. Nach einem Platzverweis durch die Polizei wurde der Fotograf von seinem Arbeitgeber aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt. Dieser erhob Kündigungsschutzklage.

Der Arbeitgeber war der Ansicht, einer erneuten Abmahnung hätte es nicht bedurft, da der Arbeitnehmer bereits wegen Verletzung derselben Pflichten zweimal abgemahnt worden war. Auch die Tatsache der Entfernung aus der Personalakte stehe der kündigungsrechtlichen Wirkung der Abmahnung nicht im Wege. Auch eine sachlich unrichtige Abmahnung könne, so der Arbeitgeber, die erforderliche Warnfunktion erfüllen.

Das BAG war anderer Meinung: Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Eine Abmahnung sei nicht entbehrlich gewesen und nicht erfolgt. Die Abmahnungen aus den Jahren 2004 und 2005 seien in kündigungsrechtlicher Sicht irrelevant. Der Arbeitnehmer habe aus den damaligen Abmahnungen nicht erkennen können, welches Verhalten im genau vorgeworfen worden war und im Wiederholensfalle zu einer Kündigung geführt hätte. Genau dies müsse aber für den Arbeitnehmer erkennbar sein, so das BAG. Anders als bei formalen Fehlern - beispielsweise einer unterbliebenen Anhörung – könne eine Abmahnung die erforderliche Warnfunktion nur dann erfüllen, wenn das fehlerhafte Verhalten konkret bezeichnet sei.

Urteil des BAG vom 23.06.2009, Az. 2 AZR 283/08, <link http:>www.bundesarbeitsgericht,de